Umbenennung Spielplatz Lutherwiese in Mentona Moser-Anlage

Namensschild Mentona Moser Anlage, Mit den angaben zur Person nach der die Anlage benannt wurde

Mentona Moser (1874 – 1971), letztes Jahr im Roman von Eveline Hasler als  „Tochter des Geldes“ vorgestellt, bekommt die in Zürich seltene Ehre einer  Platz- Benennung: DerKinderspielplatz hinter der St. Jakobskirche, bisher  das „Lutherwiesli“, erhält den Namen „Mentona Moser- Anlage“. Die entsprechende Tafel wurde letzte Woche eingeweiht. (Hannes Lindenmeyer)

Zu verdanken ist diese Würdigung dem Lesezirkel „Frauen lesen“ im Kirchenkreis 12. Seit zwanzig Jahren lesen und diskutieren Frauen in Schwamendingen Romane,  historische, politische, theologische Bücher. Wie Pfarrerin Hanna Kandal anlässlich  der Tafel- Einweihung berichtete, beschlossen die Lese-Frauen nach der Lektüre von Hasler’s Roman: Diese engagierte, vielseitig initiative Frau darf in Zürich nicht in  Vergessenheit geraten. Beim Stadtrat fanden sie mit ihrem Anliegen offene Türen.   

Im Schloss aufgewachsen – im Slum Londons politisiert
Mentona Moser ist in eine schwerreiche Familie geboren worden. Ihr Vater Heinrich  Moser, erfolgreicher international tätiger Unternehmer – nach ihm ist die „Moser-  Anlage“ in Schaffhausen benannt – starb vier Tage nach Mentonas Geburt. Damit  wurde ihre Mutter, eine geborene Sulzer, zur damals reichsten Frau Europas. Die 

junge Witwe  liess sich in einem Schlösschen auf der Halbinsel Au nieder – und  tyrannisierte ihre Töchter. Gleich nach der Matur verliess Mentona Schloss, Geld und Luxus. Sie zog sie nach London, besuchte Kurse in Sozialarbeit und lernte die  Toynbee- Hall kennen, ein Sozial- und Bildungszentrum im Arbeiterviertel. Ihre konkreten Erfahrungen mit Armut und  Elend der Arbeiter politisierten sie – genauso  wie ihre Zeitgenossin Clara Ragaz- Nadig, die ebenfalls in der Toynbee Hall aktiv war und nach ihrer Rückkehr nach Zürich die Ideen  dieser „Settlement- Bewegung“  zusammen mit ihrem Mann Leonhard im „Gartenhof“ umsetzte – bis heute ein  wichtiger Ort der Friedensbewegung..

Mentona widmete sich nach ihrer Rückkehr nach Zürich voll der Sozialarbeit: Mit andern Frauen gründete sie verschiedene Hilfs- und Beratungsstellen, darunter auch eine für Verhütung und Abtreibung – ein heisses Thema, das einige Jahre später ihre Zeit- und Gesinnungsgenossin, die Ärztin Paulette Brupbacher – ihre Praxis befand  sich an der Kasernenstrasse gleich um die Ecke – sogar in Polizeigewahrsam  brachte.

Ein Flecken Grün für die Arbeiterkinder
„In den Arbeitervierteln tollten die Kinder auf der Strasse herum, in beständiger Gefahr von Lastwagen oder Strassenbahnen überfahren zu werden. Sie buddelten im Strassenkot, in Ermangelung anderer Beschäftigung. In meiner Phantasie entstanden Spielplätze mit Sandhaufen, Planschbecken, Rasenplätzen“ schrieb Mentona später in ihrer Autobiografie. Sie schaffte es, diese Phantasie in Realität  umzusetzen: Mit einem Budget von 56’000 Franken wurde auf dem stillgelegten Aussersihler Friedhof hinter der Jakobskirche der erste Kinderspielplatz Zürichs nach ihren Plänen eingerichtet und 1909 eröffnet. Zwar gab es da schon die Bäckeranlage, die grösste Grünanlage im Arbeiterquartier; dort aber war Spielen, ja  sogar Rennen verboten. Die damalige Bäcki war kein Platz für Kinder.

Die Sozialarbeiterin wird radikale Sozialistin
Mentona wurde Mitglied der SP und befreundete sich hier mit der sechs Jahre  jüngeren Rosa Bloch. Hunger und Entbehrungen gegen Ende es ersten Weltkriegs  radikalisierten die Arbeiterfrauen in Zürich; Rosa organisierte 1917 „Hungerdemos“;  anfänglich zogen einige hundert, später 15’000 Frauen vors Rathaus. Diese  erfolgreiche Mobilisierung verschaffte Rosa Bloch in der Gewerkschaftsbewegung so viel Anerkennung, dass sie 1918 als einzige Frau ins Oltener Landesstreik- Komitee  gewählt wurde. Es ist wohl ihr zu verdanken, dass das Frauenstimmrecht in den  Forderungskatalog des Landesstreiks aufgenommen wurde; es vergingen 53 Jahre  bis zur Verwirklichung.

Nach dem Zusammenbruch der II Internationale im Ersten Weltkrieg setzten sich die  radikaleren Mitglieder der SP für den Eintritt in die III Internationale ein. Als 1920 am  Parteitag in Bern dieser Antrag abgelehnt wurde, gründete die Parteilinke die KPS.

Rosa und Mentona waren aktive Mitgründerinnen. Mentona nahm 1926 als Delegierte der KPS an der Tagung des Exekutivkomitees der III Internationalen in Moskau teil. 1929 siedelte sie nach Berlin um.
Nach dem Tod ihrer Mutter 1925 kam Mentona zu Geld; auch wenn die Mutter sie  auf den Pflichtteil gesetzt hatte: Es war viel Geld das sie für soziale Projekte in Moskau, später beim Aufbau der Roten Hilfe in Berlin einsetzte.
1933, nach der Machtergreifung der NSDAP – Mentona beteiligte sich eine zeitlang  mutig am Widerstand – wurde sie finanziell enteignet und kehrte mittellos in die Schweiz zurück. Sie richtete sich in Morcote ein, damals die beste Möglichkeit, mit  wenig Geld in der Schweiz zu leben. 1950 wurde Mentona Moser vom  Staatspräsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, zur Ehrenbürgerin erklärt. Sie lebte von  da an in Berlin Ost wo sie 1971 starb und auf der „Gedenkstätte der Sozialisten“ in  Lichtenberg begraben wurde.

Dank an „Frauen lesen“ und eine Anregung     

Die an der Tafeleinweihung anwesenden Vertreter des Quartiervereins Aussersihl-Hard bedankten sich für die Initiative der Schwammendingerinnen und gratulierten ihnen zur Idee und zum Erfolg bei dieser Platzbenennung. .Altstadträtin Monika Stocker äusserte ihre Überzeugung, es wäre an der Zeit, in Zürich endlich einmal ein Denkmal für eine Frau zu errichten – am besten am Paradeplatz. 

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